Wie bereiten sich Dolmetscher auf eine Konferenz vor?
Wenn die vertraglichen Modalitäten geregelt sind, bereiten sich professionelle Dolmetscher gewissenhaft auf einen Einsatz vor und bitten schon im Vorfeld den Kunden oder den organisierenden Dolmetscher, oft ein Kollege, um Vorbereitungsmaterial. Nehmen wir einmal an, es handelt sich um eine zweisprachige Mitgliederversammlung eines Verbands für Physiotherapie, für den der Dolmetscher bisher nicht im Einsatz war.
Grundlegende Informationen sind die Tagesordnung mit den Namen und Funktionsbezeichnungen der Redner und den Titeln der Präsentationen sowie eine Teilnehmerliste. Sollten die Präsentationen der einzelnen Redner für die Konferenz noch nicht verfügbar sein, machen Dolmetscher eigene Recherchen und arbeiten die Webseite des Verbandes mit hinterlegten Dokumenten durch. Parallel beginnen die Profis mit der Zusammenstellung eines fachspezifischen Glossars. Dieses kann sowohl spezifische Bezeichnungen des Verbands (z.B. der einzelnen Gremien), Abkürzungen als auch medizinische Termini aus dem Bereich der Physiotherapie enthalten. Sollte ein Dolmetscher dabei auf weitere Begriffe oder Sachverhalte treffen, die ihm unklar sind, recherchiert er diese ebenso. Falls die Webseite keine fremdsprachige Version enthält, muss der Dolmetscher diese Termini selbst übersetzen. Anschließend versucht ein Konferenzdolmetscher weiteres Sekundärmaterial im Internet zu recherchieren. Ebenso nützlich sind Dokumente (Präsentationen oder Protokolle) aus vorherigen Sitzungen.
Endlich kommt der große Tag. Erste Präsentationen treffen ein, damit wird der Einsatz immer konkreter. Gehen wir einmal vom Idealfall aus, wir befinden uns eine Woche vor der Konferenz. Die Dolmetscher arbeiten die Präsentationen, wie bereits oben beschrieben, konzentriert durch, markieren dabei Eigennamen, Zahlen oder übersetzen wichtige Begriffe in der Präsentation. Bei Simultaneinsätzen in der Kabine haben Dolmetscher wenig Zeit. Alles muss sofort präsent sein. Sollte es sich um eine komplexe Rede handeln, übersetzen die Dolmetscher den Text schon einmal grob im Vorfeld. Anschließend werden diese Begriffe ebenfalls in das fachspezifische Glossar eingetragen. In der Realität werden die Präsentationen allerdings sehr kurzfristig verschickt. Viele Redner feilen bis zur letzten Minute an ihren Präsentationen, so dass sie die Texte erst am Konferenztag in die Kabine hereinreichen. Dann können die Dolmetscher den Text nur in der Pause überfliegen. Andere Redner können sich schlichtweg nicht vorstellen, dass Dolmetscher Vorbereitungsmaterial benötigen. Obwohl sich Dolmetscher auf verschiedene Fachbereiche spezialisiert haben, sind sie im Vergleich zum Redner keine Fachexperten. Ihr Hauptwerkzeug ist die Sprache. Je mehr Input ein Dolmetscher erhält, desto flüssiger wird die Verdolmetschung.
Während der Vorbereitungszeit ist der Dolmetscher idealerweise mit dem Kabinenkollegen, mit dem er den Einsatz übernimmt, in Kontakt. So können sie das erstellte Glossar abgleichen oder Sekundärmaterial zu dem Thema austauschen. Vielleicht kennt der Kollege den Kunden auch bereits und kann damit wertvolle Tipps geben.
Am Vortag wiederholen Dolmetscher die Begriffe aus dem neu erstellten Glossar, ordnen die Konferenzunterlagen, drucken eventuell einige Seiten aus und machen sich mit der Anreise zum Konferenzort vertraut. Ein neuer spannender Einsatz wirft seine Schatten voraus. …